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Das eventuelle Potential – Risiko

Potential-Risiko

Erich Fromm hatte uns 1976 vor die Alternative „Haben oder Sein“ gestellt.
Natürlich ist es auch heute noch gut, sich nicht über angehäufte Güter zu definieren. Aber seit damals ist eine neue Perspektive ins Zentrum gerückt: der Blick in die Zukunft.

Potential-Risiko

Was steckt in uns, das sich in der Zukunft zeigen wird? Welche Möglichkeiten, aber auch welche Gefahren schlummern in mir?
Das was ist, tritt immer mehr hinter dem zurück, was vor uns liegt.

Potential

Da ist zum einen der Blick auf die Ressourcen. Welches Potential will sich ausdrücken? Zu was könnte sich dieser Mensch entwickeln? Ist er handwerklich begabt oder eher intellektuell? Sollte man in der Kita mit einer musikalischen oder sprachlichen  Frühförderung beginnen?
Das was ist, ist immer eine Vorstufe zu dem, was noch sein kann.

Was ist nicht alles möglich!? Und hängt das Glück nicht an der Verwirklichung dieser Möglichkeiten?
Hirnforscher wie G. Hüther behaupten, dass auch im hohen Alter das Gehirn flexibel bleibt. So gibt es keinen Grund mehr, jemals mit der Orientierung am Potential aufzuhören.
Mensch sein heißt, immer in Bewegung bleiben, sich immer entwickeln und lebenslang lernen. Es gibt kein Erbarmen.

Risiko

Natürlich haben wir nicht nur Ressourcen, sondern auch Defizite. Diese werden als so genannte Risikofaktoren erfasst und immer genauer ausgewertet. Der Staat will wissen, welche Personengruppe welche Risiken für die Ordnung mitbringt.

Auch hier werden die Menschen aus der Perspektive der Zukunft betrachtet. Ein kleiner Junge aus einem bestimmten Viertel hat noch niemanden etwas zu Leide getan. Trotzdem gehört er aufgrund einer ausgefeilten Prognose zu einer Risikogruppe.
Ihm wird die Wahrscheinlichkeit z.B. gewalttätig zu werden, als Eigenschaft angehängt. Das Mittel in diesem Bereich ist nicht Förderung, sondern Prävention. Es gilt,  eine gesehene Zukunft zu verhindern.

Der eventuelle Mensch

Der Blick auf den Menschen verändert sich. Die Frage nach dem was jemand hat oder ist tritt in den Hintergrund. Wichtiger ist, wohin er sich entwickelt.
Anstelle des sinnlich erfahrbaren Menschen tritt der prognostizierte eventuelle Mensch.

Egal ob es um Förderung von Potentialen oder um Prävention von Risiken geht – das Abtasten der Zukunft wird immer wichtiger. Diese Prognosen werden genutzt, den Lebensweg in die gewünschte Richtung zu lenken. Die Zukunft wird gestaltet, um mit ihr den Menschen und das Leben in den Griff zu kriegen.

Quelle

Erich Fromm: Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. München 2005

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2 Kommentare
  1. Ela
    Ela sagte:

    Hallo Ingo

    Ich muss doch tatsächlich öfter hier mal lesen kommen! Das ist mir ja so aus der Seele gesprochen – schon lange geht es mir auf den Geist, dass wir einfach den Ist-Zustand nicht mehr einfach so betrachten können, sondern dass alles immer etwas bedeutet oder bedeuten könnte.
    Ganz wichtig der Satz mit der Risikogruppe. Menschen werden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer -ausgedachten- Gruppe möglicherweise mit Argwohn betrachtet.
    Das ist doch aber eigentlich genau der Streitpunkt oder sagen wir mal Diskussionspunkt zwischen uns so oft schon gewesen:)
    Sollte man Erich Fromm noch einmal lesen? Das war eigentlich nicht so mein Fall.
    Ich denke in der letzten Zeit ganz oft ich müsste 1984 noch einmal lesen, aber das ist eine andere Geschichte.
    Liebe Grüße
    Ela

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