sprechende Natur Gans

Neulich, nach einem scharfen Essen beim Inder, erzählte mir ein Freund  von der Bedeutung der Landschaft für das Wohlbefinden des Menschen.

Weche Natur tut gut?

Er arbeitet bei der Naturschutzbehörde und genießt den Kontakt mit den Menschen, die er überzeugen muss in bestimmter Weise mit der Landschaft umzugehen. Einige Landschaftsaspekte sollen erhalten und andere neu gestaltet werden. Dies geschehe für den Menschen und nicht für die Natur: „Die Natur braucht uns nicht“.  Es sei empirisch belegt, dass bestimmte Landschaften dem Menschen gut tun und andere nicht.

sprechende Natur GansDies leuchtet auf dem ersten Blick sofort ein: Natürlich kann ein Spaziergang in einer schönen Landschaft sehr gut tun. Auf dem zweiten Blick gibt es aber zahlreiche Fragen: Kann diese Aussage so verallgemeinert werden? Was sind die Gütekriterien für eine Landschaft? Wie sind diese begründet? Wie „tut Natur gut“?

Die Natur als unsere Umwelt rühre an individuelle oder auch menschheitsgeschichtliche Erinnerungen. Wir würden uns dementsprechend in bestimmten Landschaftstypen sicherer und wohler fühlen. Diese Argumentation wirft aber zahlreiche weitere Fragen auf: Welche Phase der Menschheitsgeschichte ist ausschlaggebend? Müssen wir nicht davon ausgehen, dass für eine überwiegend städtische Bevölkerung eine vielgestaltete Landschaft eher bedrohlich erscheint und gar nicht gut tut?

Entsprechend einem anderen Argumentationsstrang wird mit dem Begriff „vital“ so etwas wie ein Bild einer gesunden Natur konstruiert. Ein Merkmal dieser Vitalität sei z.B. der Diversitätsgrad. Auch wenn die Merkmale selbst noch umstritten seien, so habe man doch einen Maßstab, eine Landschaft zu beurteilen. Es gibt demzufolge Landschaften, die lebendiger sind als andere und man kann sie z.B. revitalisieren.

Diese Argumentation geht von der Annahme aus, dass eine lebendige Landschaft gut für uns ist. Sie klärt aber nicht, wie dies geschieht. Nutzen wir eine passive Umwelt quasi als Konsumenten? Tritt sie uns aktiv gegenüber und „tut“ etwas mit uns? Sind wir uns fremd oder kommunizieren wir in einem gemeinsamen Raum?

Sprechende Natur

Vor einigen Monaten hatte ich mit einer Freundin ein Gespräch in ähnlicher Richtung. Sie arbeitet im körpertherapeutischen Bereich und ich schätze ihre Fähigkeit, Energieströme und Blockaden im Körper wahrzunehmen. Auf einem Spaziergang sprach sie nun zögernd davon, dass sie den „Stress der Pflanzen“ spüren könne und dass sei ein sehr unangenehmes Gefühl.

Auch hier ging es also um die Beziehung zwischen der Natur, der Umwelt bzw. den Pflanzen und dem Menschen. Sie bezieht sich allerdings nicht auf abstrakte Modelle wie das der Vitalität, sondern auf eine ganz konkrete Kommunikation. Damit betritt sie in mehrfacher Hinsicht ein schwieriges Terrain.

Sprechende Natur

Ist Kommunikation nicht dem zwischenmenschlichen Bereich insbesondere aufgrund der Sprache vorbehalten? Gibt es tatsächlich Inhalte über die man mit Pflanzen kommunizieren kann? Wird z.B. mit dem Begriff „Stress“ nicht einfach etwas in die Pflanze projiziert, was dort nicht vorhanden ist? Was sollte die gemeinsame Basis sein, auf der die Kommunikation beruht? Gibt es eine sprechende Natur?

Resonanz

Vielleicht helfen die Forschungen um die so genannten Spiegelneuronen ja weiter. Demzufolge werden dieselben Neuronen z.B. im Bereich der Handlungsmuster aktiv, egal, ob wir eine Handlung selbst ausführen oder nur wahrnehmen. Wir verstehen also unser Gegenüber intuitiv, weil wir im Gehirn das Muster mitvollziehen – in Resonanz gehen. Das Gleiche gilt für die Gefühle. Ohne den Umweg über die symbolbildende Sprache mit ihren Bedeutungen gibt es demzufolge eine quasi körperliche Kommunikation auf der Basis einer gleichen Hirnstruktur. Es wird davon ausgegangen, dass dies auch mit eng verwandten anderen Spezies funktioniert. Aber selbst meine Freundin geht nicht davon aus, dass Pflanzen eine ähnliche Hirnstruktur haben wie wir.

Sprechende Natur EselFür Gesellschaften, die von einer beseelten Natur ausgehen, ist die Kommunikation zwischen Pflanzen und Menschen selbstverständlich. In unserer sich als nichtanimistisch verstehenden Gesellschaft gibt es aber kein anerkanntes Modell für diese Kommunikation. Aber es gibt zahlreiche Modelle, die erklären, warum jemand auf den Irrtum verfällt, mit Pflanzen kommunizieren zu können.

Auch wenn die direkte Kommunikation z.B. zwischen Menschen und Pflanzen dem Naturschutzgedanken ein ganz neues Fundament geben könnte, ist es meinem Freund von der Naturschutzbehörde schon aus diesem Grunde nicht möglich, so zu argumentieren.

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Ingo Diedrich: Naturnah forschen. Wilhelm Reichs Methode des lebendigen Erkennens

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2 Kommentare
  1. Daniela Hubrich
    Daniela Hubrich sagte:

    Hallo

    Natürlich werden viele von uns mindestens erschreckt sein und die meisten Mitmenschen die Idee, mit Pflanzen kommunizieren zu können (und auch nur zu wollen), als Unsinn abtun.
    Hirnstrukturen oder Seele mal beiseite … wenn Menschen sagen, sie spüren bestimmte Stimmungen von Pflanzen, so ist das ja noch keine Kommunikation, sondern eine einseitige Wahrnehmung. Wenn wir das zugeben, können wir natürlich auch nicht einfach leugnen, dass die Pflanzen uns auch irgendwie spüren .. aber kann man dann von Kommunikation reden?
    Trotzdem wäre diese einseitige Wahrnehmung doch schon sehr viel. Es bedeutet doch, dass jemand sich auf andere Wesen einlassen will und Reaktion wahrnimmt.
    Die Tatsache, dass viele Menschen sich selbst einen „grünen Daumen“ zusprechen, wird ja weitgehend akzeptiert.
    Gruß
    Ela

    Antworten
  2. Marlene Staab
    Marlene Staab sagte:

    Hallo Ingo und hallo alle Anderen,

    dass die Natur zu mir spricht, fühlte ich schon öfter auf Spaziergängen. Erst letzten Sonntag auf der blauen Kuppe, irgendwo hinter Eschwege haben ein paar Vulkanfelsen zu mir gesprochen. Es handelte sich um einen steckengebliebenen Vulkan, also die Magma ist wenige Meter unter der Erdoberfläche vom darüberliegenden Gestein festgehalten worden. Später, nach einigen milliönchen Jahren, hat man die Bergkuppe als Steinbruch geerntet und die erkaltete, steckengebliebene Magma wurde als Felsenformationen frei. Dass Gestein hat mich sofort in seinen Bann geschlagen und bei mir spannende Gefühle und ein innerliches Nachvollziehen von Feuerenergie, die riesige Massen schmilzt und nach oben brodeln lässt. So als ob ich das wäre. Ich konnte das irgendwie in mir drin spüren. Und jetzt sag mal einer, das liege an den Spiegelneuronen. Mein menschlicher Erfahrungsschatz an tonnenweise Gestein einschmelzen ist eher begrenzt.
    Wie das kommt, kann ich auch nicht sagen. Scheinbar hat mir eine Erfahrung die Kraft des Felsen einpflanzt. Vieleicht war es ja das Wesen, welches ich im Vulkangestein gesehen habe.Oben, auf dem einen Magmafels, war so ein Gesteinsbrocken, der aussah wie ein Kopf, und der Fels war dann halt der Körper. Meine spontane Assoziation war, eine riesige Art erstarrter Eidechse zu sehen und zu fühlen, vor jahrmillionen beim Vulkanbrodeln sehr heiß und lebendig und seitdem in Kälte am ganzen Körper erstarrt, aber doch noch die Feuerkraft in sich tragend. Marko Pogacnik, ein Geomant, würde nun vielleicht sagen, die wahrgenommene und gefühlte Eidechse ist ein Erd-Feuer-ElementarWESEN und wirkt als solches auf die Landschaft und auf die Menschen.
    Ich kann die Verbindung mit der Natur über die Gefühlsebene sehr gut nachvollziehen. Dabei bekomme ich Dinge zu spüren, die nicht meinem bisherigen Erfahrungsschatz als Mensch entsprechen, und somit auch nicht von Spiegelneuronen in meinem Gehirn nachvollzogen sein können. Mache ich quasi nichtmenschliche Erfahrungen?
    Sehr empfehlenswert ist das Buch von Marko Pogacnik: Elementarwesen, Die Gefühlsebene der Erde

    Liebe Grüße

    Marlene

    Antworten

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